Vorweihnachtliche Besonderheit aus Nürnberg

Nürnberger Zwetschgenmännla and Zwetschgenfraua, prune men and prune women, are unique figures, about eight to ten inches high. They have arms and legs made of prunes threaded over wire, the hands are raisins, dried figs for bodies, and walnut heads painted with expressive faces; shoes are two peanuts. The traditional folk figures are costumed as farmers, musicians, chimney sweeps ... the choices are endless. A sign over the stalls at the Nürnberger Christkindlmarkt, where they are sold offers this advice: "You will never be without gold and happiness, if you have a prune person in your house."

Feigl und Rosinchen

Da lebte in Nürnberg ein kleines Mädchen, mit Namen Sabine. Sie hatte ein frohes und liebevolles Herz und war die Freude ihrer Eltern. Sabine war auch klug, sie lernte rasch lesen und schreiben und half ihrer Mutter schon bei manchen Arbeiten im Haushalt.

Eines Tages sah sie ihrer Mutter interessiert zu, wie diese als Heimarbeit für Weichnachten drollige Zwetschgenmännlein anfertigte. Die verkaufte sie an einen Händler, der am Christkindlesmarkt einen ganzen Stand voll dieser ulkigen Männlein und Weiblein feilbot; denn die Nürnberger "Zwetschgenmännla sind ein beliebtes Mitbringsel vom berühmten Nürnberger Christkindlesmarkt.

"Ich möchte das auch mal probieren" sagte Sabine. Die Mutter war einverstanden und gab ihr ein Häuflein Feigen, getrocknete Zwetschgen und zwei Walnüsse, dazu etwas Draht und bunte Flicken für die Kleidung. Sabine begann fröhlich zuerst den Mann zu gestalten. Fünf Feigen, auf Draht gezogen, bildeten den Bauch, dann entstanden die Beine aus Zwetschgen, ebenso die Arme. Der Kopf war eine Nuss, worauf sie mit einem Pinsel ein recht recht verschmitztes Gesicht malte. Obendrauf setzte sie einen hübschen Zylinder. In die Hand bekam er ein zierliches Spazierstöckchen. Dem Weiblein verpasste sie einen weiten blauen Rock, dazu passte gut ein Kopftüchlein aus geblümter Seide. Die Ärmchen, halb von weissen Puffärmeln verdeckt, machte sie recht zierlich aus lauter Rosinen und in der Hand gab sie ihr einen kleinen Blumenstrauss.

"Ist das aber ein nettes Pärchen!" lobte die Mutter - "die sind ja schöner als meine!"

Das kleine Mädchen war so froh und stolz über die gelungene Arbeit, dass sie den beiden Figuren einen Kuss auf ihre Nussgesichter gab. "Aber jetzt sollt ihr auch einen Namen haben", rief Sabine: "Du mit deinem dicken Feigenbäuchlein sollst Feigl heissen - und Du? Ja, Du heisst Rosinchen! Und jetzt viel Glück auf eurem Weg!" ...

Zwei Wochen später standen Feigl und Rosinchen nebeneinander soeben feierlich eröffnet worden mit Posaunenchor, Weihnachtsliedern und dem festlichen Spruch des goldgelockten Christkindes, hoch von der Frauenkirche herunter. Jetzt schob und guirlte eine dichte Menschenmenge durch die hellerleuchteten Budenstrassen, Kinderjubel, köstlicher Lebkuchenduft und das Glitzern der Christbaumkugeln erfüllte alle Herzen mit dem Zauber der Vorweihnachtszeit. Auch Feigl und Rosinchen waren ganz begeistert von allem, was sie da hörten, sahen und rochen, bis es allmählich still und leer wurde in der Budenstadt und schliesslich alle Lichter verlöschten.

Durch den Kuss des warmherzigen Menschenkindes Sabine aber war den beiden ein besonderes Geschenk zuteil geworden, dessen sie sich erst bewusst wurden, als es von der Frauenkirche herunter Mitternacht schlug: Da merkten sie nämlich, dass sie sprechen und sich bewegen konnten - dass sie lebendig waren! Wenn auch nur für eine Stunde.

"Das is ja prima!" jubelte Feigl und packte Rosinchen am Arm "da wollen wir was unternehmen!" "Was denn?" fragte Rosinchen ängstlich. "Lass dir was sagen: Ich hab einen Zylinder, du einen Blumestrauss. Also sind wir ein Hochzeitspaar. Und dazu gehört, dass wir eine Hochzeitsreise machen - nämlich über den Markt. Und zwar gleich, wer weiss, wie lange wir noch beisammen sind. Los, gehen wir!" "Los!" lachte nun auch Rosinchen. Eins, zwei, drei hüpften sie von ihrem Stand herunter und trippelten durch die Budenstrassen. Jammerschade, dass keine Lichter mehr brannten.

"Aber da ist was zu sehn" sagte Feigl, der neugierig eine Plane gehoben hatte, so dass der Mond hell auf all die glitzernden Christbaumkugeln, auf die goldenen Sterne und das silberne Lametta schien. "O, was für eine Pracht" flüsterte Rosinchen. Im Nu waren sie hochgeklettert und stiegen nun staunend von einer Schachtel zur anderen. Aber weil Feigl's Bäuchlein doch hübsch schwer war, gab's allerlei Scherben und Rosinchens weiter Rock fegte wohl ein Dutzend Kugeln hinunter, dass sie auf dem Pflaster zersprangen. "Scherben bedeuten Glück!" lachte Feigl leichtsinning und Rosinchen kicherte: "Wie bei einem richtigen Polterabend!"

"Aber jetzt hätt' ich Hunger!" sagte sie nach einer Weile. "Ja, mir knurrt auch der Magen" stimmte Feigl zu. "Weisst du was, direkt neben unserem Stand steht doch so ein Lebkuchenhaus! Da gehen wir jetzt hin und stopfen uns so richtig voll." Das hübsche, strohgedeckte "Honig- und Lebkuchenhaus", gleich neben dem Schönen Brunnen, war natürlich zugesperrt. Aber der kluge Feigl wusste Rat. Dem Haus angebaut war nämlich ein Backofen, und durch dessen Ofentür krochen sie einfah hinein, so das sie ins Innere des Hauses gelangten. "Ach, wie süss es da duftet" schwärmte Rosinchen. "Jetzt aber dalli" sagte Feigl, schnalzte mit der Zunge und machte sich gleich über eine Dose Oblaten-Lebkuchen her. Aber o weh - seine Ärmchen waren zu kurz, er konnte den Deckel nicht heben. "Los, pack auch an!" befahl er dem Rosinchen. Aber wie sie sich auch plagten, der Deckel bewegte sich nicht. "So ein Pech!" brummte Feigl, aber - "Hurra, da sind ja auch Pakete!" - damit stürtzte er sich auf eine Schachtel mit feinen  was waren das für erlesene Leckerbissen!

Die beiden mampften und schmatzten, soviel sie nur in den Mund brachten. "Mmm" stöhnte Feigl genüsslich, "ja das is ein Hochzeitsmahl! Besser kann's der Kaiser von China nicht haben!" "Jaja" seufzte Rosinchen plötzlich, "vielleicht ist's auch unsere Henkersmahlzeit". "Wer weiss, wo wir morgen schon sind - wer uns schon den Kopf abgerissen hat ..." "Ach was", meinte Feigl, "wer denkt an morgen, wo es heute so schmeckt?"

Doch alles hat einmal ein Ende. "Aus" schnaufte Feigl schwer, "ich kann nicht mehr!" "Ich platze auch gleich" sagte Rosinchen "und müde bin ich - uuah" gähnte sie. "Dann gehen wir" entschied Feigl, "wir haben ja nicht weit heim!" Sie krochen wieder unten zur Backofentür heraus, kletterten hinauf auf ihren Stand und schliefen bald wir Murmeltiere ... Am anderen Tag kam ein Herr. Er kaufte zuerst im Lebkuchenhaus ein: Weisse und Braune, Mandel- und Elisenlebkuchen "und zwei Märchenhäuschen für meine Enkel kinder in Hamburg" sagte er. "Ach ja und einen Eimer feinen Bienenhonig auch noch dazu!" Als er mit seiner schweren Tüte ging, sah er gegenüber die Zwetschgenmännla stehn. "Da müssen auch noch zwei mit, für Ralf den Mann dort oben und für Susi das Weiblein!" Na - wer war's? Feigl und Rosinchen, die sich mächtig auf die Reise freuten. Nur, dass sie in eine feste Schachtel verpackt wurden, passte Feigl nicht: "Schade, da hätten wir unterwegs noch herrlich schlecken können" brummte er leise.

Beilage zum Märchenhäuschen vom Lebkuchen-Onkel E. Otto Schmidt, Nürnberger Lebkuchen und andere feine Spezialitäten, 90469 Nürnberg.

Ruth Reichmann
Max Kade German-American Center, IUPUI


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